Meine Freunde hatten auf Youtube ein Video gesehen, in dem Ultimate Frisbee gespielt wurde - und das wollten wir mal ausprobieren. Was aus diesem Ausprobieren geworden ist, hätte ich damals nie gedacht.
Wir waren alle so begeistert, dass wir uns von nun an fast jedes Wochenende zum Ultimate spielen trafen. Begriffe wie "Stack" oder "Handler" waren uns damals noch vollkommen unbekannt und eigentlich auch egal. Es hat einfach nur Spaß gemacht! Jeder brachte eine Freundin oder Freund zu unseren wöchentlichen Treffen im Sinaipark mit und unsere Gruppe wurde größer. Es waren immer ausreichend Leute da, sodass wir jedes Wochenende im Park spielen konnten. Wir legten etwas Geld zusammen und kauften uns Trainingsleibchen, um die Teams besser unterscheiden zu können. Was ich dabei lernte: Neun Prozent der männlichen und 0,8 Prozent der weiblichen Bevölkerung haben eine Rot-Grün-Sehschwäche. Die Bestellung von roten und grünen Leibchen war leider nicht die beste Wahl. Das hielt uns aber nicht vom weiterspielen ab. Selbst als der Winter und Schnee kamen, spielten wir weiter. Der Rasen litt ganz schön unter unserm Spiel und wir führten die Frühjahrspause ein, um dem Rasen eine Erholung zu gönnen. Aus dem Baumarkt holten wir einen großen Sack Rasensamen und dann wurde neuer Rasen gesät.
Der Kreis unserer Mitspieler wurde immer größer, auch knüpften wir die ersten Kontakte zur Ultimate Frisbee Abteilung von Eintracht Frankfurt. Wir lernten, dass es so etwas wie frisbeespezifische Taktiken gibt, was beispielsweise "Stack" ist. Schließlich nahmen wir mit unserem Parkteam beim traditionellen Anfängerturnier „First Love“ mit dem Teamnamen „UFO Sinai“ teil. UFO steht hierbei für „Ultimate Frisbee Organisation“. Für das Turnier designten wir unsere ersten eigenen Teamtrikots. Die Farbwahl fiel dieses Mal auf schwarz und weiß. Gut zwei Jahre nachdem wir im Park mit dem Ultimate Frisbee begonnen hatten, wurden einige von uns, so auch ich, Mitglied in der Ultimate Frisbee Abteilung der Eintracht. Im Training lernte ich weitere Taktiken und die offiziellen Regeln vom Ultimate Frisbee kennen.
Die Besonderheiten des Sports
Was Ultimate Frisbee auszeichnet? Im Gegensatz zu anderen Sportarten gibt es in unserem Sport keine Schiedsrichter. Entscheidungen werden von den Spielern selbst reguliert, was eine gute Regelkenntnis voraussetzt. Eine weitere Besonderheit vom Ultimate ist, dass es auch in Mixed-Teams mit Frauen und Männern zusammengespielt wird. Neben den Division Open, Frauen und Mixed gibt es im Ultimate Frisbee auch Divisionen nach Altersklassen. Bei Frauen ab 30 Jahren und Männern ab 33 Jahren kann man laut Reglement der World Flying Disc Federation (WFDF) in der Division Masters spielen, ab dem 37. Lebensjahr bei Frauen beziehungsweise 40. Lebensjahr bei Männern gibt es die Division Grandmasters und Great Grandmasters ab dem 45. bzw. 48. Lebensjahr.
Eine weitere Besonderheit beim Ultimate Frisbee ist: Die Teams geben sich selbst ihre Namen. Hier werden stadtspezifische sowie regionale Besonderheiten berücksichtigt und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Die Mixed Teams in Frankfurt heißen beispielsweise „Frau Rauscher & The Bembelboys“ oder „PrinzHessinnen“.
Im Jahr 2017 stellten wir von der Abteilung Ultimate Frisbee der Eintracht erstmals bei einem Turnier ein Mixed Masters-Team. In diesem Jahr wurde die European Masters Ultimate Club Championship (EMUCC) in Frankfurt ausgerichtet. Spielerich sammelten wir bei diesem internationalen Turnier in der Heimat sehr viel Erfahrung und gewannen den Spirit-Sieg des Turniers. Was das bedeutet Spirit-Sieg? Neben dem sportlichen Aspekt wird beim Ultimate Frisbee auch der Spirit bewertet. Hierzu bewerten sich die Teams jeweils nach dem Spiel gegenseitig in den Kategorien:
- Regelkenntnis- und Gebrauch
- Fouls und Körperkontakt
- Aufrichtigkeit und Fairplay
- Positive Einstellung und Selbstbeherrschung
- Kommunikation
Von null (schwach) bis vier (exzellent) Punkte können vergeben werden. Das Team mit den meisten Punkten ist der Spirit-Sieger des Turniers.
Von da an nahmen wir regelmäßig mit unserem Mixed Masters Team der Eintracht an den Deutschen Meisterschaften (DM) teil. Unseren größten Erfolg feierten wir im Jahr 2019, als wir bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin den dritten Platz belegten. Während der Gruppenphase konnten wir bei der DM in einem packenden Spiel den späteren Deutschen Meister Goldfingers aus Potsdam besiegen. Im selbigen Jahr erlebte ich mein persönliches Highlight meiner bisherigen Ultimate Frisbee Laufbahn: Ich hatte die Ehre, mit der Open-Nationalmannschaft in der Division Grandmaster bei der Europameisterschaft (EM) in Madrid zu spielen. Im Halbfinale gab es für unser Team leider eine bittere Niederlage gegen Italien im Universe. Was ist ein Universe? Universe bedeutet, dass es am Ende unentschieden steht und, dass das Team, das als Nächstes einen Punkt macht, hat gewonnen. Im Anschluss mussten wir uns leider auch im Spiel um Platz 3 Spanien geschlagen geben und wir beendeten die EM mit dem 4. Platz und wurden Spirit-Sieger.
Im Herbst 2021 fand in Köln das Qualifikationsturnier zur World Masters Ultimate Club Championship (WMUCC) statt. Wir waren erfolgreich und konnten uns als eines von vier deutschen Teams für die Weltmeisterschaften qualifizieren. Zehn Jahre nachdem „Frisbee zocken“ im Sinaipark, führt mich mein Weg dieses Jahr nun nach Limerick in Irland zur Clubweltmeisterschaft. Dass es mal so weit kommt, hätte ich damals nie im Leben gedacht. Was wäre wohl gewesen, wenn ich vor zehn Jahren nicht gesagt hätte: „Klar, ich bin dabei“? Jetzt bin ich gerade mit der unserem Mixed Masters Team in Irland und vertreten die Eintracht in Limerick. Die Weltmeisterschaft hat am 25. Juni angefangen und geht noch bis zum 02. Juli. Ich bin gespannt wie weit es für uns geht.